Widerspruch. Als Strafverteidiger in politischen Prozessen

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20,00 

Wächtler, Hartmut

Mit einem Vorwort von Christian Ströbele

180 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag

»Wenn es um Bürgerrechte geht und dem Staat die Rote Karte gezeigt wird, war und ist Wächtler nicht weit.«
Süddeutsche Zeitung

Artikelnummer: ISBN 978-3-88747-366-2

Beschreibung

Wächtler berichtet spannend, fundiert und mit einer gepfefferten Prise Ironie von den ersten Verfahren während der 68er-Studentenproteste, von Prozessen gegen »Rädelsführer« wie Rolf Pohle, gegen Feministinnen wie Ingrid Strobl, Bürgerinitiativen (Wackersdorf), antiautoritäre Zeitschriften (das BLATT), gegen Kollegen, die Berufsverbote bekommen sollten, gegen Studenten, die sich mit der heftig braunen Vergangenheit ihrer Professoren beschäftigten, oder West- und Ostspione nach der Wiedervereinigung. Manche dieser Prozesse liefen bis zum Bundesverfassungsgericht. In fast allen Fällen waren es »Gesinnungen«, also nicht in erster Linie Taten, um die es ging, sondern um unbequeme oder radikale politische Haltungen, die dem konservativen Gesellschaftsbild von Polizei und/oder Gerichten zuwiderliefen.

»Justizgeschichte ist Kulturgeschichte. Ein Blick in die Gerichtssäle zeichnet oft ein schärferes Bild der Gesellschaft als es ein ganzer Zirkel angesehenster Soziologen zustande bringen kann. In diesem Buch schreibe ich über Menschen, die seit dem Ende der 60er Jahre bis heute mit der Justiz aneinandergerieten und zu ›Fällen‹ wurden, die ich vor Gericht ausgefochten habe.« Hartmut Wächtler

 

Pressestimmen

Süddeutsche Zeitung Hans Holzhaider
… Es liest sich leicht. Hartmut Wächtler ist ein wunderbarer Erzähler, und er hat sich durch alle oft frustrierenden Erlebnisse hindurch einen prächtigen sarkastischen Humor bewahrt. Man kann das Buch in einer schlaflosen Nacht durchlesen, man legt es aus der Hand und fühlt sich ermutigt. Solange es solche Juristen gibt, kann man sich in diesem Staat zu Hause fühlen.
28.1.2019
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Bayerischer Rundfunk II Zündfunk Samy Kalis im Gespräch mit Hartmut Wächtler
… ›Das gute Gewissen der Linken in München‹ wird er gerne genannt … ein Leben in Gerichtsakten, das viel erzählt, von der Gesellschaft in Bayern und dem Widerstand … Er engagiert sich weiter, z.B. beim neuen Polizeiaufgabengesetz in Bayern: ›Es hat noch nie seit 1945 so viele umfassende Kompetenzen für die Polizei gegeben um vorbeugend tätig zu sein, dass sie da schon die ganzen geheimdienstlichen Mittel, von Trojanern, Abhöraktionen, Postbeschlagnahmungen usw. machen kann, das ist die besondere Gefahr dieses Gesetzes. Das ist nicht der Gummiknüppel von Wackersdorf, das ist eine ganz andere, sehr gefährliche Geschichte.
25.9.18

Prantls Leseempfehlung – in Prantls Blick, dem wöchentlichen Newsletter der Süddeutschen Zeitung Heribert Prantl
Ich empfehle Ihnen heute ein Buch, das ich mir am Freitag und Samstag auf eine Dienstreise mitgenommen hatte; ich wollte es eigentlich nur durchblättern – aber ich habe mich festgelesen, es mit wachsender Spannung gelesen, von vorn bis hinten, vom Vorwort, das Christian Ströbele geschrieben hat, bis zur letzten Seite 173.
Es ist ein soeben erschienenes Buch des Münchner Strafverteidigers Hartmut Wächtler, der, wie sich zeigt, nicht nur gut verteidigen, sondern auch gut erzählen und schreiben kann. Es ist kein eitles, kein geckenhaftes, sondern ein sehr lehrreiches Buch über sogenannte politische Prozesse. Das Buch ist ein Zeit- und Zeitenspiegel, es ist ein Porträt der politischen Geschichte der Bundesrepublik und der lokalen Geschichte von München, wie man es aus dieser Perspektive selten lesen kann. Es ist ein Buch darüber, wie und warum Wächtler politischer Strafverteidiger geworden ist, ein Buch über die außerparlamentarische Opposition, über studentische Rechtshilfe, die Politisierung und Entpolitisierung der Studentenschaft, ein Buch über Achtundsechzig, ein Buch darüber, wie Rechtsanwälte einer, man muss das leider so sagen, verbohrten bayerischen Rechtspflege auf die Sprünge halfen. „Staatsfromme Justiz in München“ ist eines der Kapitel überschrieben.
Das Kapitel über Rolf Pohle gehört zu den besonders eindrucksvollen Kapiteln des Buches. Wächtler, der den RAF-Terroristen verteidigt hat, schildert, wie maßlose Verurteilung des Studentenführers Pohle dazu beigetragen hat, dass dieser den Weg des gewalttätigen Linksextremismus einschlug.
Wächtler schreibt über die Prozesse gegen Feministinnen; gegen Studenten, die sich mit der braunen Vergangenheit ihrer Professoren befassten; gegen Kollegen, die Berufsverbote bekommen sollten. Wächtler ist dabei kein Agitator, er schreibt zwar bissig und gepfeffert, aber manchmal auch mit abgeklärter Nachsicht. Man erfährt viel über die Justiz in diesem Buch; es ist daher ehrlicher und lehrreicher, als es die ziselierten Strafrechts-Moritaten von Ferdinand von Schirach sind.
Seine eigene Familiengeschichte spart Hartmut Wächtler nicht aus: Sein Vater war der Nazi Fritz Wächtler, NSDAP-Gauleiter der Bayerischen Ostmark und SS-Obergruppenführer, der in den letzten Kriegstagen vom Exekutionskommando seines NS-Rivalen Ludwig Ruckdeschel erschossen wurde. Hartmut Wächtler war damals fünf Monate alt. „Es gab in meiner Familie keine Diskussionen über das Dritte Reich“ – schreibt Wächtler; und erzählt, wie er aufgeklärt wurde.
16.9.2018